Das Streckennetz der GFB


Streckenbeschreibung 2007

Sonnenschein – gigantische Berge. Ich bin gerade in Realp eingetroffen, einem kleinen verträumten Dorf im Herzen der Schweiz im Kanton Uri, 1538 Meter über dem Meer gelegen. Nach einem herzhaften Essen im Restaurant „Post“ mache ich mich mit der Kamera bewaffnet auf den Weg. Wohin? Zu der wohl attraktivsten Dampf-Zahnradbahn der Schweizer Hochalpen. Wie ein Wegweiser leitet mich eine Rauchfahne zum DFB-Lokdepot. Vor dessen kobaltblauen Toren werden die verschiedensten Fahrzeuge gewartet und repariert. Über eine große Drehscheibe werden weitere Abstell- und Behandlungsgleise erreicht, die zur Bekohlungsanlage und zur Entschlackungsgrube führen. Ich gehe weiter zum Bahnhofsgebäude, das sich hervorragend in die Architekturstruktur der Gegend einfügt. Zahlreiche Touristen tummeln sich bereits entlang der drei Gleise und beim abgestellten Barwagen. An der Rampe werden gerade Materialen in einen Bauzug verladen, denn an der Strecke wird weitergebaut. Eine erste Zugkomposition mit einem offenen Aussichtswagen und drei Allwetterwagen stehen zur Abfahrt bereit. An dessen Spitze schnaubt und zischt bereits die Dampflokomotive HG 3/4  1 „Furkahorn“, das Paradepferd der DFB. Natürlich nehme ich im Aussichtswagen Platz. Der Schaffner meldet die Bereitschaft und umgehend erhält der Lokführer den Abfahrbefehl.
Ein letzter Blick auf Realp und die Zurückgebliebenen und schon setzt sich der Zug rauchend und stampfend in Bewegung. Nach kurzer Fahrt kündigt ein metallischer Schlag die gefedert gelagerte Zahnstangeneinfahrt an. Diese darf nur in Schrittgeschwindigkeit befahren werden. Sofort danach überquert der Zug die Furkareuss auf der Wilerbrücke. An dieser Stelle stand früher ein Steinviadukt, das jedoch durch Schmelzwasser zum Einsturz gebracht wurde. Oberhalb der Brücke verengt sich das Tal zusehends und die Gleise führen an senkrechten Felswänden entlang. Drei kurze Tunnels durchqueren Felsnasen, die bis ins Wasser reichen. Hier kreuzen wir das erste Mal den Wanderweg, der immer in unmittelbarer Nähe zum Bahntrassee entlangführt. Rechts erscheint eine Baustelle an den steilen Felswänden, links oben eine Aussichtsplattform des Wanderweges und wieder rechts eine Stützmauer mit drei Portalen. Im sicheren Griff der Zahnstange klettert der Zug weiter bergwärts, der Auspuffschlag der Dampflok widerhallt dabei dumpf in der engen Schlucht. Breite Lawinenzüge queren hier die Schienen und überdecken die Landschaft jeden Winter. Schneehöhen von zehn Metern und mehr sind hier keine Seltenheit. Zudem peitschen Stürme in diesem Bereich die Eiskristalle zu imposanten Kunstwerken auf. Wenn sich dann im Frühjahr die ersten Räumungsequipen an die Lawinenkegel wagen, beginnt die zeitaufwendige und nicht ungefährliche Arbeit mit Schneeschleuder, Schaufel und Spaten. Ein schriller Pfiff holt mich in die Gegenwart zurück. Rechts huscht ein verwittertes Marienbild am Fenster vorbei, das an die Menschen erinnert, die beim Bahnbau oder bei der Schneeräumung ihr Leben lassen mussten. Auf einem kleinen Durchlass überqueren wir erneut den Erlebnispfad, der gleich danach in einem kurzen Felstunnel verschwindet. Unweit springen Gämsen auf einem felsigen Plateau umher. Nun taucht die weltweit einzigartige Konstruktion der Steffenbachbrücke auf. Da in diesem Tobel jeden Winter eine berüchtigte Lawine abgeht, die alles mitreißt, was sich ihr in den Weg stellt, wurde diese Brücke so gebaut, dass sie im Herbst auf ihre Widerlager zurückgezogen werden kann, um den Lawinen freie Bahn zu garantieren. Ganz im Hintergrund kann ich nun die Gipfel der Dreitausender Furkahorn und Galenstock erkennen. Weiter geht die Fahrt vorbei an herrlich blühenden Bergwiesen. Eine prächtige Alpenflora lenkt die Blicke auf sich. Doch auch die Fauna hat einiges zu bieten. Vor der nächsten Schlucht erblicke ich beispielsweise eine Murmeltierfamilie, die sich hier Fett für die Wintermonate anfrisst. In der bereits genannten kurzen Schlucht verläuft der Fußweg auf den Gleisen, weshalb hier die Geschwindigkeit gedrosselt werden muss. Anschließend folgt wieder eine Baustelle, auf welcher fleißige Fronis eine alte Stützmauer sanieren. Danach poltert unser Zug über die Zahnstangenausfahrt und die Einfahrtsweiche des Haltepunktes Tiefenbach, wo uns bereits der Gegenzug aus der Station Furka erwartet. Unser Lokführer lässt den Zug ausrollen und bringt ihn direkt vor dem in Stein gehauenen Warteraum zum Stehen. Hier steigen wir nun aus, um die Gegend per pedes zu erkunden. In der Nähe der Station befindet sich der Blausee, der seinem Namen alle Ehre macht. Er ist die Quelle der schon bekannten Furkareuss. Diese überquere ich auf einer schlichten Holzbrücke, um an das andere Ufer zu gelangen. Über ein paar Stufen erreicht man einen Rastplatz bei einem Wegkreuz. Von hier aus geht es über eine weitere Treppe zur 2002 restaurierten Tiefenbacher Kapelle. Nach einem ausgiebigen Picknick am Rastplatz kehre ich zur Haltestelle zurück. Hier wird die Lok gerade zur Weiterfahrt mit frischem Quellwasser aus dem Wasserkran versorgt. Nun ruft der Lokführer mit einem langgezogenen Pfiff der Dampfpfeife die Fahrgäste wieder zusammen. Jeder drängt in die Wagen, damit er nicht in dieser rauen, verlassenen Gegend zurückgelassen wird.
Langsam setzt sich der Zug wieder in Bewegung, rastet wieder in die Kletterhilfe ein und beschreibt eine enge Linkskurve. Auf der Hangseite tauchen die Hütten der Sennerei Steinstafel auf und gleich anschließend befährt unsere Bahn in einer langen Kurve das aus Bruchstein gemauerte Steinstafelviadukt. Über einen Wegübergang erreichen wir das letzte Brückenbauwerk auf Urner Seite, die Sidelenbachbrücke, eine Stahlbrücke, die auf gemauerten Widerlagern liegt. Das Trassee führt über eine letzte Kurve durch saftige Blumenwiesen. Kaum hat die fauchende Dampflok die Zahnstange verlassen, erreicht der Zug auch schon die Station Furka. Vor der Weiterfahrt durch den Scheiteltunnel ins Wallis wird die Lok beidseits begutachtet und Heizer und Lokführer überprüfen die Antriebsteile und die Schmierstellen. Das Stationsgebäude beherbergt eine kleine Gastwirtschaft, so dass für das Wohl der Passagiere auch in dieser abgeschiedenen Gegend gesorgt wird. Nachdem der Durst bei Fahrgästen und Lokomotive gestillt ist, machen sich alle bereit zur Weiterfahrt. Ich verabschiede mich hier allerdings von diesem Zug und werde über einen schmalen und steilen Wanderweg die Passhöhe erreichen und dort meine Rückfahrt in der Postkutsche über den Furkapass antreten. Der Abschied von dieser grandiosen Bergbahn fällt schwer, doch ich weiß, dass ich bald wiederkommen werde.

 

( C.R. 2007)

 

 


Streckenbeschreibung 2021

Von Landquart und Chur her erreichen wir mit der Rhätischen Bahn Disentis. Hier steigen wir auf die Matterhorn-Gotthard-Bahn um, die mit Zahnradfahrzeugen bis nach Zermatt verkehrt. Die erste große Station nach Disentis ist Sedrun und genau hier beginnt auch das Streckennetz der Gartenbahn Furka-Bergstrecke. In unmittelbarer Nähe zur Station befindet sich die Seilbahn auf den Cuolm da Vi. Neben dem Bahnhofsgebäude stehen zwei schmucke Hotels, nämlich das „Oberalp“ und das „Postigliun“, welches uns an die Zeit der Postkutschen erinnert. Das Ausfahrsignal von Sedrun springt auf den Fahrbegriff 1 und unser Expresszug mit einer BoBo II bespannt setzt sich in Bewegung. Die lange Gerade führt uns entlang von Erdbeerplantagen und saftigen Wiesen bis zur Station Tschamut-Selva, wo die Vegetation schlagartig alpiner wird. Durch den Calmottunnel erreichen wir die Station Oberalppass, wo uns ein Leuchtturm begrüßt. Entlang des klaren Oberalpsees und durch den Oberalptunnel gelangen wir zunächst nach Nätschen und schließlich nach Andermatt. Hier herrscht emsiges Treiben. Auf sieben Gleisen stehen Züge bereit, es wird rangiert, Passagiere steigen ein und aus. Dieser Bahnhof dient auch als nächtliche Unterstellhalle, denn fünf der sieben Gleise sind überdacht. Wir steigen um in den Regionalzug, der heute mit der Diesellok HGm 61 bespannt ist. Umfangreiche Signalanlagen überwachen die Ausfahrt aus dem Bahnhof. Zwischen der Gotthardstrasse, an der beispielsweise das Gasthaus „Sonne“ oder das Hotel „Drei Könige“ stehen, auf der einen Seite und der großen romanischen Kirche „St. Kolumban“ auf der anderen, fährt die Bahn auf den aufwändig gesicherten Bahnübergang „Altkirch“ zu. Nur wenn alle Blinklichter und ein akustisches Signal die Besucher vor dem Betreten des Übergangs warnen, wird dieser Streckenabschnitt für die Züge freigegeben. Andernfalls werden diese durch eine Zwangsbremsung noch vor der gefährlichen Stelle zum Halten gebracht. In einer langen Geraden fährt der Zug nun bis zur Richlerenbrücke. Diese Fachwerkbrücke führt über den langgestreckten Richlerensee, an dessen Ende bereits das Einfahrsignal zur Station Hospental steht. Am mittelalterlichen Ruinenturm vorbei gelangen wir zu diesem Bedarfshalt, wo auch der Glacier Express gekreuzt wird. Direkt nach dem Ausfahrsignal fahren wir in den langen Mitschentunnel ein. Mehrere Signale im Tunnel geben Auskunft über den Zustand unserer nächsten Station. In Realp angekommen, erblicken wir das Depot der Dampfbahn. Bei einem kurzen Spaziergang entdecken wir nicht nur das verträumte Dorf, sondern bekommen auch einen Einblick in die Vorbereitungsarbeiten für die Fahrt mit der Dampflokomotive. Gleich mehrere Dampfrösser stehen im Lokschuppen. Eine große Drehscheibe stellt die Verbindung zur Bekohlungsanlage her. Auf einem Abstellgleis daneben steht der Dieseltraktor Tm 92, der für Bauzüge und Rangieraufgaben eingesetzt wird. Die Dampflok B.F.D. 1 „Furkahorn“ setzt sich fauchend vor den Zug und wir steigen in die historischen roten Personenwagen mit offenen Plattformen ein. Die erste Bühne direkt hinter der Lok erlaubt uns einen Blick in den Führerstand und auf die Arbeit von Heizer und Lokführer. Kurz nach der Ausfahrt passiert unser Zug den Bahnübergang „Schweigstrasse“, die Hipp’sche Wendescheibe, welche als Einfahrsignal von Realp Einsatz findet, die Zahnstangeneinfahrt und die Wilerbrücke. Entlang der fast senkrechten Felswand im Laubgädem stampft der Dampfzug bergwärts. In den drei kurzen Altsenntumstafeltunnels hallt der Auspuffschlag der Lok plötzlich doppelt so laut. Der Zug kreuzt nun den Wanderweg, der ebenso durch die malerische Landschaft führt, und befährt kurz danach die bekannte Steffenbachbrücke, welche im Winter abgeklappt werden kann, um nicht von Lawinen mitgerissen zu werden. Vorbei an der Sennerei „Chalt Herbrig“ gelangt unser Zug zur Kreuzungsstation Tiefenbach. Hier klinken die Zahnräder aus und der Zug rollt am steinernen und in den Fels gebauten Unterstand vorbei, bis er schließlich so stehenbleibt, dass die Lok am Wasserkran frisches Quellwasser tanken kann. Nachdem uns ein Bauzug, gezogen von der Diesellok HGm 51, passiert hat, fahren wir in gemächlichem Tempo zuerst in die Zahnstange ein, danach an der Alpe Steinstafel vorbei und über das Steinstafelviadukt. Sobald wir kurze Zeit später die Sidelenbachbrücke befahren, sehen wir die Talstation einer ehemaligen Militärseilbahn, die früher von hier hoch zum Furkapass führte. Erneut rumpeln die Zahnräder über das Zahnstangenende und wir kommen in der Station Furka an. Auch hier ist das Stationsgebäude zum Schutz vor Lawinen in den Hang gebaut. Direkt davor werden Cervelats vom Grill verkauft. Viele Passagiere lassen sich diese Stärkung nicht entgehen. Wir warten noch die Kreuzung mit dem Gegenzug ab, der ebenfalls von einer Dampflok gezogen wird, aber blaue Wagen besitzt, und rollen dann schon dem Portal des Scheiteltunnels zu. Da der Rauch der Dampflok in der engen Tunnelröhre nicht viel Platz zum Ausbreiten hat, müssen wir ins Wageninnere gehen und Türen und Fenster schließen. Hier endet zwar das Streckennetz der Gartenbahn Furka-Bergstrecke, doch am anderen Ende des Tunnels wird uns die Walliser Sonne begrüßen und wir werden über Muttbach und Gletsch bis nach Oberwald fahren, wo wir wieder in den Regionalzug der Matterhorn-Gotthard-Bahn umsteigen werden, um weiter in Richtung Zermatt zu fahren.

 

(C.R. 2021) 


Wandbemalung

Wandbemalung
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